13 Jahre Kuratoriumsvorsitz

Wir danken Bischöfin i.R. Bärbel Wartenberg-Potter für ihr leidenschaftliches Engagement

Das 16. Kapitel in ihrer Autobiographie „Anfängerin. Zeitgeschichten meines Lebens“ ist überschrieben: „Frag doch die Tiere…“ Ruhestand und Entdeckung der Theologischen Zoologie. doch als Ruheständlerin habe ich sie nicht erlebt in den vergangenen 13 Jahren, in denen sie den Vorsitz des Kuratoriums innehatte. Es war nicht nur ihre Expertise als Bischöfin, die für die Geschichte des Institutes wesentlich war, sondern auch ihre theologische Leidenschaft, die wirksam war in den anderen Stationen ihres Anfängerinnen-Daseins.

Ich war sehr bewegt und aufgeregt. Und ich verstand, dass wenn wir auf diesem Planeten weiterleben wollen, anders mit den Tieren umgehen müssen. Denn unsere menschliche Seele braucht die Tiere mehr als sie uns.

Bischöfin i. R. Bärbel Wartenberg-Potter

Viele Jahre war Bärbel Wartenberg-Potter für den ökumenischen Rat der Kirchen tätig und hat sich zusammen mit ihrem Mann Philipp Potter einen Namen gemacht als ebenso politische wie spirituell orientierte Befreiungstheologin. Sie war die dritte Bischöfin der Evangelischen Kirchen in Deutschland und leitete von 2001 bis 2008  den Sprengel Holstein-Lübeck in der Nordelbischen Landeskirche. Die Stationen ihrer Biographie erzählen von ihrem Kampf gegen die Apartheit in Südafrika, der weltweiten Ökumene, der amerikanischen Frauenbewegung, karibischen Armenvierteln und deutschem Gemeindeleben. Ihr Leben ist geprägt von Glücksmomenten und Schicksalsschlägen, von vielen Veränderungen und Umbrüchen ihres Lebens, nach denen sie immer wieder neu anfängt.

Und so auch im Dezember 2009 im Rahmen der Eröffnung des Institutes für Theologische Zoologie, zunächst in der Aula des Schlosses zusammen  mit Jane Goodall und im Anschluss im Elefantenhaus des Allwetterzoos. Die besondere Begegnung mit den Elefanten, die auf den Gesang eines Inuit mit Bewegung und innigem Klang reagierten, war für Frau Wartenberg-Potter ein heiliger Augenblick: „Ich war sehr bewegt und aufgeregt. Und ich verstand, dass wenn wir auf diesem Planeten weiterleben wollen, anders mit den Tieren umgehen müssen. Denn unsere menschliche Seele braucht die Tiere mehr als sie uns.“  (ebd. S. 289, Gütersloher Verlagshaus 2013)

In vielen Vorträgen, Predigten, Workshops und Publikationen hat sie auf der einen Seite in der Weise der Re-Lektura biblischer Texte die theologische Würdigung unsere Mitgeschöpfe kraftvoll gehoben und anknüpfend an befreiungstheologische Ablehnung jeder Herrschafts-Attitüden die Compassion mit den Tieren in den Fokus (nicht nur) der Theologie gestellt. In ihrem Vortrag „Von der Kopernikanischen Wende zum Anthropozän“ formuliert sie sechs kurze Thesen:

1. Alles Leben und alle Wesen, die nach christlichem Verständnis von Gott gut geschaffen sind und von Gott die Gabe haben, gerecht zu leben, sind miteinander verbunden und voneinander abhängig. Diese Einsicht bereichert mein Leben und verarmt es nicht.

2. Der Mensch muss und kann nicht (mehr) die Krone der Schöpfung sein, sondern ein Mitgeschöpf im planetarischen Ganzen. Daher nimmt er demütig seinen verantwortlichen Platz im Ganzen des Geschaffenen ein.

3. Das Wohlergehen der Menschen hängt vom Wohlergehen der gesamten Lebenskette ab. Wir leben in vitaler Interdependenz. Ohne die Anerkennung der Abhängigkeit des homo sapiens von allen anderen Mitgeschöpfen kann das Anthropozän nicht zukunftsfähig werden.

4. Mit der Schöpfung im Sinne des Schöpfers umzugehen und unseren Lebensstil daran auszurichten, ist ein Schritt der Vernunft und der Selbsterhaltung.

5. Wir müssen theologisch neu durchdenken, wie sich unser auf keinen Fall zu schwächender Einsatz für die Mitmenschen zum Einsatz für die Mitwelt verhält.

6. Das Wichtigste, was gläubige Menschen für unseren Planeten tun können, ist, "das Heilige" wieder zu entdecken" (Scott Momady). Das Heilige ist das Leben selbst, in das Jesus von Nazareth die menschliche Fähigkeit zum Verzeihen, zur Buße und zur Hingabe eingetragen hat.

Wie haben wir/ wie habe ich davon profitiert! Und wie von ihrer Klarheit und Übersicht in der Leitung des Kuratoriums! Am 28.10. haben wir sie verabschiedet – als Mitglied wird sie weitermachen.

Dr. Rainer Hagencord

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